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Renntaktik und Betreuung beim 24-Stundenlauf

Michael Irrgang, 27.6.2009

Nun seid ihr gut trainiert und ausgeruht und wartet auf den baldigen Start, um zu zeigen, was ihr draufhabt. Könnt ihr das selbst einschätzen? Welches Tempo wollt ihr die ersten Stunden laufen? Wie viele Kilometer schafft ihr in den letzten 4 Stunden? Was wollt ihr trinken? Essen? Was tun bei Problemen?

Obwohl man um seinen Trainingsstand weiß, den Wetterbericht kennt und vorsorglich kistenweise Utensilien ein­gepackt hat, um auf alle denkbaren und undenkbaren Situationen vorbereitet zu sein, lässt sich bei einem 24-Stundenlauf niemals abschätzen, wie sich so ein Wettkampf entwickelt! Die meisten Leute haben sehr viel Respekt vor den Unwägbarkeiten und stapeln bei der eigenen Erwartung tief. Einige strahlen volles Selbstbewusstsein aus, während andere wiederum regelrecht Angst haben.

Sehr interessant sind die Erzählungen und Berichte nach dem Lauf, wenn die Läufer mit sich hadern: Zu viel, zu wenig, das Falsche gegessen sowie getrunken; Renntempo, Pausengestaltung, Garderobe, Schuhe, Kleiderwech­sel passte irgendwie nicht ganz zusammen – man lernt immer dazu, möchte das nächste Mal alles anders machen, aber es wird sicher wieder nicht alles richtig optimal werden: So hält der Wettkampf immer wieder neue Überraschungen parat!

Mit diesem Dokument möchte ich allen ein paar Tipps geben, wie „man“ sich das Rennen am Besten einteilt, was man beim Essen, Trinken und der Garderobe beachten sollte, wie die Betreuer zu einem guten Gelingen beitragen können. Die folgenden Tipps sollen helfen, die bestmögliche Leistung zu erzielen! Und da ist schon das Problem: Die meisten wollen das gar nicht und geben sich mit viel weniger zufrieden! Weil sie aufhören zu kämpfen, wenn sie ihr zu niedrig angesetztes Ziel erreicht haben oder das - vielleicht unrealistische - Ziel nicht mehr erreichen können.

Der erste Teil handelt davon, sich Ziele, Strategien und Taktiken zu überlegen und ist vielleicht ein bisschen lang geworden, denn die besten Pläne sind immer schlicht, wie: Beim Start langsam loslaufen und nach 24 Stunden anhalten. Anschließend werden die Themen Ernährung, Kleidung, Betreuung und Krisen behandelt. Etwas zu kurz kom­men die unmittelbaren Vorbereitungen vor dem Lauf mit eincremen, abkleben usw., aber hier hat sicher jeder seine eigenen Erfahrungen und seine Rituale.

Konkrete Ziele setzen

Ein eher unwichtiger Punkt ist die konkrete Formulierung einer Zielsetzung, wie z.B.: ich laufe 200 km!

Wenn überhaupt, dann sollte man sich gleich drei Ziele setzen: Ein optimistisches, ein realistisches und ein Mini­malziel! Hier sollte man allerdings die Streckenbeschaffenheit, das Wetter, die Form usw. berücksichtigen.

Ein geplantes, konkretes, ehrgeiziges Ziel birgt immer die Gefahr, dass man es nicht erreicht. Unabhängig, ob man besser oder schlechter ist: Jedes Ziel, welches ins Wackeln kommt, irritiert und demotiviert! Alle konkreten Ziele (Visionen) bezüglich der eigenen Leistung – seien es bestimmte Kilometerleistungen oder Platzierungen – sind daher gefährlich.

Ziele wie „Ich will richtig gut sein“ sind zu allgemein, um für ein Renneinteilung hilfreich zu sein, daher ist  es ratsam, sich eher eine passende Rennstrategie zu überlegen sowie taktische Aspekte zur konkreten Umsetzung.

Rennstrategie festlegen

Der Begriff „Strategie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie „der Weg zum Ziel“. In unserem Fall ist das Ziel nicht ganz klar, der Weg dahin schon!

Beispiele:

  1. Ich bleibe 24 Stunden aktiv auf der Strecke.
  2. Ich versuche, ein konstantes Tempo zu laufen.
  3. Laufen ist besser als Gehen; Gehen besser als Stehen, Stehen besser als Sitzen.

Eine solche, einfache Strategie führt automatisch zur „bestmöglichen Leistung“ für diesen Wettkampf.

Mann kann seine Strategie gut in ein paar kurze Sätze formulieren, weitere Beispiele:

-       Ich genieße den Wettkampf.

-       Ich gebe mein Bestes.

-       Ich laufe immer schön langsam.

Solche kurzen Sätze kann man sich in Krisensituationen als „Mantras“ immer wieder vorsprechen. Wichtig: Die Sätze immer positiv formulieren! Also „ich bleibe im Rennen“ statt „ich steige nicht aus“, damit sich die negativen Begriffe wie „aussteigen“ nicht im Unterbewusstsein festsetzen.

Falsche Rennstrategien sind:

  1. „Erst einmal 100km laufen, dann einmal schauen!“

Hört man ganz oft und ist der größte Fehler überhaupt! Dieser Wettkampf ist ein Zeit- und kein Distanzlauf. Es kann einfach nicht sein, dass man bereits nach 13 oder 23 Stunden sein Ziel erreicht hat! Hat man nämlich die 100 km (oder 200km) erreicht, so stellt sich automatisch eine gewisse Zufriedenheit ein, die dummerweise verhindert, sich weiter durchzubeißen  – man fällt in ein übles Motivationsloch herein.

Besser: Man teilt sich die gesamten 24 Stunden sinnvoll ein: Man könnte sich für jede Stunde beispielsweise ein bestimmtes Lauftempo oder eine Kilometerleistung vornehmen. Das Wichtigste daran ist, dass man einen Plan hat, wie viele Meter man selbst in den letzten 5 Minuten schaffen will.

  1. „Wenn ich nicht mehr kann, mache ich eine Pause, bzw. lege ich mich 1 oder 2 Stunden schlafen!“

Bei diesem Plan hat man permanent eine Stimme im Unterbewusstsein, die einem weismachen will, dass man genau jetzt „nicht mehr kann“ und eine Pause braucht. Auf der anderen Seite kann es passieren, dass man die Pause zu spät macht und dann aus dem „Erschöpfungsloch“ nicht mehr herauskommt. Daher halte ich gar nichts von den „Pausen nach Bedarf“!

Besser: Das Rennen mit den Pausen VORHER zu gliedern, z.B. Start 14 Uhr; 6 Stunden laufen, 15 Minuten Pause machen zum Essen, Massieren, warme Sachen anziehen; um 20:15 Uhr weiterlaufen; 6 Stunden laufen, 15 Minuten Pause; um 2:30 Uhr weiterlaufen; 5 Stunden laufen, 15 Minuten Pause; um 7:45 Uhr weiterlaufen; 3 Stun­den laufen, 15 Minuten Pause; um 11:00 Uhr weiterlaufen; 3 Stunden laufen; um 14:00 Uhr stehenbleiben.

Die Zeit bis zur nächsten Pause ist überschaubar und die Pausen werden zum Essen und Garderobewechseln sinnvoll genutzt. Die Anzahl und die Länge der Pausen werden im Vorfeld dem Leistungsvermögen angepasst, geplant und mit dem Betreuer abgestimmt. Auch ob, wann und wie lange man eine Schlafpause einlegt, sollte man sich vor dem Start überlegen – am besten ganz drauf verzichten!

  1. „Ich laufe mit X zusammen!“

Selbstverständlich läuft man oft mit jemand zusammen. Reden kostet zwar etwa 10 Herzschläge die Minute, aber die Ablenkung tut gut. Hierfür kann man durchaus einmal ein paar Runden etwas schneller oder etwas langsamer laufen. Auch diese leichten Tempovariationen tun dem Körper ganz gut! Allerdings sollte man darauf achten, dass man nicht über Stunden zu schnell oder zu langsam läuft. Letztendlich muss sich jeder auf seinen eigenen Körper konzentrieren und sein Tempo laufen. In den seltensten Fällen passen das Tempo, sowie die Pausentaktik von zwei Läufern übereinander.

Besser: Fallweise Allianzen eingehen und von Runde zu Runde denken.

Renntaktik festlegen

Dies ist der entscheidende Punkt, ob man 30 km mehr oder weniger schafft. Unter Renntaktik verstehe ich die Festlegung des Lauftempos, Planung von Gehpausen und richtigen Pausen. Dazu einige Überlegungen:

  1. Viele Läufer laufen in der ersten Hälfte 2/3 ihrer Distanz, also beispielsweise in den ersten 12 Stunden 100km und in den zweiten 12 Stunden lediglich 50km. Woran liegt das? Wäre es nicht möglich, zunächst nur 90km und dann in der zweiten Hälfte des Rennens 80km zu laufen? Das wären dann 20 km mehr!
  1. Im Laufe des Rennens verändert sich der Körper: Die Energiespeicher entladen sich, die Kraft lässt nach, die Muskulatur verspannt sich, die „Chemie“ in der Muskulatur ändert sich. Der Laufstil wird zusehends schlechter, das Tempo – bei gleicher Belastung – wird immer langsamer.
  1. Das richtige Anfangstempo ist das, was man über eine längere Zeit mit 70% der maximalen Herzfrequenz laufen kann. Darauf aufbauend kann man ggf. zu rechnen anfangen.
    1. Die maximale Distanz kommt heraus, wenn man das Tempo auf 23 Stunden hochrechnet. Eine Stunde geht mindestens für Esspausen, Garderobewechseln und Toilettenbesuche drauf – auch wenn man keine bewussten Pausen einplant, sondern „durchlaufen“ will!
    2. Beispiele: Jemand, der mit 6:15 min/km anfängt, schafft 9,6 km in der Stunde und in 23 Stunden 220km. Selbst bei 6:45 min/km, werden in einer Stunde 8,9 und über 200km in 23 Stunden ge­schafft. Diese Hochrechnungen verzerren natürlich die Realität. Nur wenige Läufer schaffen es, wirklich, 23 Stunden gleichmäßig schnell zu laufen.
    3. Wenn es zum Rennbeginn um 14 Uhr warm ist – und damit kann man fast rechnen, dann ist man gut beraten, 15 sec pro Kilometer langsamer zu laufen, das „kostet“ pro Stunde etwa einen halben Kilometer, den man später nicht wieder herausholen kann. In Summe kosten also 4 warme Stunden nur etwa 2 Kilometer. Versucht man sein geplantes Tempo zu laufen, kann es in der zweiten Hälfte durchaus „teurer“ werden. Wer nach Herzfrequenz läuft, kann bei Wärme etwa 10 bis 15 Schläge zu dem 70%-Wert hinzuaddieren.
    4. Das Ausmaß eines „kontinuierlich langsamer werdenden“ Tempos lässt sich kaum abschätzen. Einige werden bis zu 1 min/km langsamer, andere können irgendwann überhaupt nicht mehr laufen und müssen sich mit schnellem Gehen begnügen, andere wiederum schwimmen auf einer Euphoriewelle und können durch Kampfgeist das Tempo halten oder sogar gegen Ende hin noch einmal steigern. Eine ideale Renneinteilung wäre es, wenn man durchlaufen und sein Tempo an­nähernd halten kann. Im Prinzip sollte man sein aktuelles Renntempo jederzeit so anpassen, dass man es für den Rest des Wettkampfes halten kann!
  1. Einige rechnen ihr Tempo nach der Formel „Zieldistanz / 24 Stunden“ aus, also z.B. bei geplanten 180 Kilo­metern kommt ein Tempo von 8 min/km heraus. Wer mit diesem Tempo startet, wird sein Ziel nie errei­chen! Man muss schneller laufen!
  1. Je nach Trainingsstand ist das 70%-Tempo recht flott, allerdings hat der unzureichend trainierte Läufer keine Chance, dieses auch nur annähernd 23 Stunden zu laufen. Wer in der Vorbereitung nicht häufig 100km oder harte Mehrtages­einheiten gelaufen ist, kann höchstens 20 Stunden dieses Tempo laufen. In diesen Fällen ist es geschickt, dennoch dieses Tempo zu laufen und:

-       Alle 3, 4 oder 6 Stunden eine größere Pause einzulegen oder besser

-       Regelmäßig Gehpassagen einzuplanen

Langsamer zu laufen wäre die Alternative. Ob man allerdings deswegen länger laufen kann und ob die letztendlich erzielte Strecke höher ausfällt, falls die Laufökonomie nicht optimal ist, darf bezweifelt werden. Also am besten läuft man so langsam, wie es gerade so noch ökonomisch ist.

Man geht etwa doppelt so langsam, als wenn man läuft, man verliert also ein wenig Strecke. Dennoch gibt es mehrere, gute Gründe Gehpassagen einplanen:

-       Der Körper erholt sich ein wenig und hat nun freie Ressourcen zum Kühlen und Verdauen.

-       Es werden andere Muskeln beansprucht; eine Krampfneigung kann ggf. überwunden werden.

-       Während des Gehens hat man die Hände frei, beispielsweise zum Löffeln von Brei und Wechseln von Kleidung.

-       Das Rennen hat überschaubare Teilstrecken. Man könnte beispielsweise jede dritte Runde ab der Verpflegung 1 km gehen und dann 5 km Laufen und so weiter. Das hätte auch einen positiven, mentalen Effekt: Bereits nach 2 km Laufen kann man sich auf die nächste Gehpause freuen, die ja nur noch 3 km entfernt ist.

-       Tatsächlich gibt es einige Weltklasseläufer, die von Beginn an, nach einem bestimmten Rhythmus Gehpausen einlegen, z. B. 4,5 km Laufen, 500 m Gehen. Sieht vielleicht ein wenig doof aus, wenn man nach einer halbe Stunde anfängt zu gehen, aber die Kilometer werden zum Schluss gezählt und noch unschöner ist es, wenn man vorzeitig das Rennen beenden muss.

Man muss sich die 24 Stunden in überschaubare Einheiten aufteilen. Hierbei gibt es zwei Varianten:

  1. Aufteilung nach Zeit

Die Aufteilung nach Zeit ist relativ einfach zu rechnen. Man könnte das Rennen beispielsweise in 8 Phasen zu 3 Stunden einteilen. Je Phase würde man sich ein Tempo, ein Distanzziel sowie andere Dinge, wie Kleidungswechsel, Pausen, Zeitpuffer für Toilette und andere unvorhersehbare Pausen überlegen.

  1. Aufteilung nach Runden, bzw. Strecke

Eine Aufteilung nach Runden. Eine Runde als Einheit ist zu klein, hier kann man kaum eine vernünftige Renntaktik drauf aufbauen, Einheiten von 5 Runden, bzw. 10,5 km scheinen ideal. Ein Horizont von etwa einer Stunde halte ich einerseits für planbar, andererseits für überschaubar.

Insgesamt bevorzuge ich eine Aufteilung nach Strecke: Meine Teil-Ziele würde ich also nicht „in einer Stunde 5 Runden“, sondern „5 Runden in einer Stunde“ formulieren. Der Grund ist banal: Im ersten Fall würde ich mein Ziel auch durch Nichtstun erreichen: Irgendwann ist die Stunde rum und dann schaue wie weit ich gekommen bin. Plane ich aber, meine Rennphasen in Runden, dann komme ich keinen Zentimeter weiter, wenn ich im Liegestuhl sitze - ich muss mich also aktiv dafür bewegen. Ein zweiter, wichtiger Grund ist, dass man gut alle 5 Runden eine Zwischenzeit nehmen kann und sehr exakt einen Plan-Ist-Ver­gleich anstellen kann.

Keine Angst vor der Nacht! Solange der Körper nicht unter ein bestimmtes Anstrengungsniveau fällt, wird er nicht müde und man kann einfach die Nacht durchlaufen!

Mein Eindruck ist, dass je besser die Läufer sind, sie umso weniger Planung benötigen. Einerseits reicht ihnen als Plan ein Tempo oder eine bestimmte Herzfrequenz, andererseits zeigt die Erfahrung, dass zu konkrete Pläne eher störend seien können. Insofern möchte ich die obigen Tipps nicht als Aufruf zur superdetaillierten Planung verstehen, son­dern eher als Möglichkeiten, sich das Rennen vernünftig einzuteilen.

 

Essen & Trinken planen

Vermutlich das Lieblingsthema aller Läufer. Die Berichte und das Internet wimmeln nur so von Geheimrezepten und Empfehlungen. Schlimm nur, dass, was dem einen hilft, dem anderen schadet! Dabei ist das doch ganz ein­fach: Während der 24 Stunden verbrennt der Körper zwischen 10.000 und 15.000 Kilokalorien, davon einen Groß­teil aus den Fettreserven – ein entsprechendes Training vorausgesetzt! Man verliert je nach Temperatur und ande­ren Parametern zwischen 10 und 20 Litern Flüssigkeit und entsprechend Mineralien. Rein objektiv ist es überhaupt kein Problem, diese Menge an „Energie und Wasser“ zu sich zu nehmen, insbesondere, wenn man auf die hoch­konzentrierten Gels und Spezialgetränke zurückgreift. Früher, als es diese Spezialgetränke, -riegel und -gels noch nicht gab, wurden zahlreiche Spitzenleistungen mit mehr als 250 km erzielt! Wir haben es also heute eigentlich viel einfacher, dennoch bleibt die Frage, ob man durch eine gute Ernährungsstrategie ein „paar Meterchen“ rausholen kann oder durch ein Supergel fehlendes Training kompensieren kann. Wahrscheinlich ist das sogar so, denn es gibt hier zahlreiche, wissenschaftliche Studien und individuelle Berichte und zahlreiche Fachausdrücke. Hier be­gebe ich mich allerdings auf dünnes Eis, denn ich bin kein Ernährungsexperte und habe zu „chemischem Essen“ eine spezielle Meinung.

Dazu einige Gedanken:

  1. Wenn der Körper die Muskeln versorgen soll, hat er kaum Blut übrig, um den Magen ausreichend zu versor­gen. Daher unbedingt
  • Nicht mehr als nötig essen
  • Nur Leichtverdauliches essen
  • Gut kauen oder gleich kohlenhydratreiche Getränke trinken
  1. Der Glykämische Index (Insulin Index) und der Blutzuckerspiegel spielen eine große Rolle, in welchem Um­fang Energie aus den Fettreserven gewonnen wird. Am besten auf alles mit hohem GI (z.B. Süßigkeiten) verzichten; selbst, wenn sie kurzfristig objektiv schnell zünden!
  2. Wenn sowieso Pausen oder Gehrunden eingeplant sind, sollte man diese „zum Verdauen“ nutzen, also erst essen, dann pausieren.
  3. Kontinuierlich essen und trinken; also lieber jede Runde ein Stückchen Banane, als zu jeder vollen Stunde eine ganze. Ich selbst esse keine „großen Mahlzeiten“ (Reis, Nudeln, Gemüse o.ä.) während des Ren­nens, sondern ab der ersten Stunde jede Runde kleine Stückchen Energieriegel, Obst, Trockenfrüchte oder Salzgebäck.
  4. Die Substitution von Mineralien gelingt am besten durch spezielle Elektrolyt-Getränke, Tabletten (beispiels­weise Krampfblocker oder Salztabletten), stilles Mineralwasser, aber auch Brühe, Salzgebäck oder Tro­ckenfrüchte (Datteln, Feigen) helfen. Doch Vorsicht: Im Wettkampf kann eine Überdosis erstens nicht auf­genommen (resorbiert) werden und zweitens „nach hinten losgehen“.
  5. Essen ist mehr als nur „Energiesubstitution“, man kann sich mit Essen motivieren und belohnen, z.B. „alle 10 Runden etwas Leckeres essen“. Essen kann ebenfalls als Methode betrachtet werden, sich die Zeit zu vertreiben nach dem Motto: „Eine Runde mit vollem Mund ist eine kurze Runde“.
  6. Mit Essen und Trinken kann man teilweise Krisen bewältigen, z.B. Brühe trinken, wenn einem kalt ist oder einen Tee trinken, um den Magen zu beruhigen.
  7. Mit der richtigen Auswahl und Menge an flüssiger und fester Nahrung soll ebenfalls erreicht werden, dass die häufig auftretenden Magenprobleme (Durchfall) vermieden werden.
  8. Ein wichtiger Grundsatz lautet: Im Wettkampf keine Experimente machen. Wer beispielsweise  im Training oder in langen Vorbereitungswettkämpfen keine Gels ausprobiert hat, sollte dies auch nicht beim 24-Stun­denlauf tun. Allerdings hört ein 100km auf, bevor im 24-Stundenlauf die kritische Phase beginnt! Also wer schlussfolgert, „bei 100km brauche ich nichts essen, dann brauche ich es bei einem 24-Stundenwettkampf auch nicht“, der irrt gewaltig!
  9. Die Vorlieben sind sehr verschieden. Mein Geheimtipp, der mir hilft: Cappuccino oder Kaffe mit Milch und Zu­cker! Vielleicht ist es die Kombination von warm, Zucker und Koffein, welches mir nachts und morgens gegen Müdigkeit und Schwäche hilft, vielleicht aber auch einfach nur die vertraute Sinnlichkeit eines mei­ner Lieblingsgetränke, von dem ich im beruflichen Alltag eigentlich ganz gerne und viel trinke.
  10. Viele Läufer essen gerne Kartoffelpüree, Haferschleim, gekochte Kartoffeln oder Weißbrot. Alle Vorschläge eint, dass sie kohlenhydratreich, lecker und magenfreundlich sind.

 

 

GANZ WICHTIG: Finger weg von Medikamenten! Grundsätzlich keine Blutverdünner, Schmerzmittel oder andere Tabletten schlucken. Ausnahmen wären höchstens auf Empfehlung und unter Beobachtung von Ärzten denkbar. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob die Mittel als Dopingmittel verboten sind oder nicht. Dopingsubstanzen sind zu Recht verboten und schaden dem Körper langfristig. Da jeder Teilnehmer zur Dopingkontrolle gelost werden kann, lohnt sich der Versuch des Betruges auf keinen Fall.

Kleidung wechseln

Was zieht man an? Eigentlich klar, daher hier nur besondere Anmerkungen:

  1. In den Füßen sammelt sich während des Wettkampfes Wasser, d.h. sie werden dicker. Man muss auf je­den Fall „zu große“ Schuhe tragen und beachten, dass man den Schnürsenkel regelmäßig prüft und ggf. lockert. Durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen kann man diesen Effekt deutlich reduzieren, daher ist das Tragen solcher Strümpfe absolut empfehlenswert.
  2. Schätzungsweise schwanken die Tagestemperaturen während der 24 Stunden um 10 bis 20 Grad. Es kann tagsüber recht warm, nachts kalt werden, unter Umständen regnet es zwischendurch. Wer vorsorgt, hat eine Tasche mit vielen Wechselklamotten dabei.
  3. Garderobe rechtzeitig wechseln. Man muss dem Körper bei der Wärmeregulierung helfen
  4. Gegen Wärme hilft eine Mütze, die permanent nass gehalten wird und vor allem, den Kopf regelmä­ßig durch kaltes Wasser kühlen. Das geschieht am einfachsten durch einen Schwamm. Die Kühlung von Außen ist extrem wichtig und sollte auch den Nacken und die Arme einschließen. Die Überhitzung des Läufers ist m.E. ein Riesenproblem und eine der Hauptursachen für Magen- und Kreislaufprobleme. Sonnenmilch sollte man lange vor dem Lauf auftragen und ggf. am näch­sten Tag noch einmal erneuern.
  5. Gegen Kühle helfen warme Sachen. Hier ist darauf zu achten, dass man rechtzeitig mit dem Aus­tausch oder Ergänzung der Sachen beginnt. Schlau ist, wenn man sich im Vorfeld die einzelnen Schichten überlegt, um nicht zu guter Letzt das wollene Unterhemd unterziehen zu müssen. Die Auskühlung des Körpers wird häufig unterschätzt und kostet ggf. unnötig Energie. Ich lief/ging schon einmal bei 20 Grad in einer Jacke, weil mir schlicht kalt war!
  6. Schuhwechsel? Manchmal treten orthopädische Probleme auf, die sich durch einen Schuhwechsel verhin­dern lassen. Auch hier gilt rechtzeitig tauschen, bevor Schmerzen auftreten. Da der Chip in der Startnum­mer ist, ist ein Schuhwechsel kein Problem.
  7. Sockenwechsel? Muss eigentlich auch nicht sein; es sei denn, sie sind nass. Dies kann allerdings schon al­leine durch Schweiß ausgelöst werden. Ein rechtzeitiger Wechsel kann die Bildung von Blasen verhin­dern. Wer mit Blasen Probleme hat, sollte die Zeit in einen Sockenwechsel investieren.
  8. Achtung beim Schuh- und Sockenwechsel: Durch die Entspannung der Beinmuskulatur entstehen schnell Krämpfe! Daher unbedingt Bein gestreckt halten und helfen lassen!

Die Läufer betreuen

Auch wenn es immer wieder tolle Leistungen von Läufern ohne Betreuer gibt, so kann einem ein Betreuer auf viel­fältige Weise helfen. Daher möchte ich diesen Läufern empfehlen, bei irgendeinem Betreuer „Asyl zu beantragen“, um im Zweifel jemanden zum reden, zum helfen oder einfach nur, um einen Platz für die Tasche und ggf. eigene Getränke usw. zu haben.

Am schönsten ist es, wenn eine Gruppe von Betreuern eine Gruppe von Läufern betreut. Da kommt dann die rich­tige Wettkampfstimmung auf! Eine Betreuergruppe hat Zeit für eine individuelle Betreuung, aber auch ggf. zum Kochen, Einkaufen, Schlafen, Zwischenergebnisliste analysieren, auf Toilette gehen, erzählen usw. Wenn ein Be­treuer mehr als zwei Läufer alleine betreut, wird es unter Umständen wirklich stressig. Die Betreuung selbst ist sehr kurzweilig. Die meisten Betreuer machen die Nacht durch und nicht selten vergessen sie vor Aufregung und Stress selbst vernünftig zu essen, zu trinken und die Garderobe zu wechseln, wenn es warm oder kalt wird.

Ganz Wichtig: Die Betreuung darf nur innerhalb der markierten Betreuungszone erfolgen. Außerhalb dieses Stre­ckenabschnittes führt ein Begleiten, Anreichen oder Abnehmen von Was-Auch-Immer zur Verwarnung und Dis­qualifikation des Läufers. Es sind schon Läufer für das Anreichen eines Taschentuches außerhalb dieser Zone disqualifiziert worden - wenn auch nicht bei einer DUV-, sondern DLV-Veranstaltung!

Zubereiten und Anreichen von Essen und Trinken. Ein Getränk muss angerührt, eine Brühe gekocht, eine Banane geschält werden. Während an der offiziellen Verpflegungsstelle alles in die Hand genommen werden muss oder in Einwegbechern angeboten wird, können Betreuer Getränke in Flaschen anreichen oder beispielsweise kleine Plastikschalen mit Weintrauben mit auf den Weg geben. Dadurch spart der Läufer Zeit, kommt nicht aus dem Laufrhythmus und kann sich für das Essen und Trinken mehr Zeit las­sen. Insbesondere in den heißen Stunden kann eine Runde recht lang werden. Da ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, die nur durch ein kontinuierliches Trinken möglich ist, unumgänglich. Drei Plastikbecher mit Wasser auf eine Runde mitzunehmen ist allerdings kaum möglich, eine kleine Flasche schon.

Ein Tipp: Betreuer dürfen Flaschen nicht außerhalb der Zone annehmen. Allerdings ist es erlaubt, beispiels­weise eine Einkaufsbox außerhalb der Zone (z.B. am Stadionausgang) aufzustellen, in die die Läufer leere Flaschen oder Schüsseln hereinschmeißen können. Dieser kann dann von den Betreuern re­gelmäßig geleert werden!

Wer entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten? Auch hier eine psychologische Nuance! Optimal ist, wenn der Betreuer jede Runde seinen Läufer fragt, ob und was er trinken/essen möchte. Dieser sollte dann konkret sagen, was er will. Zumindest soll er das Gefühl haben, selbst zu entscheiden. Tut er dies nicht und sagt beispielsweise „Obst“, sollte der Betreuer entscheiden, was er ihm anreicht. Schlecht wäre jetzt, wenn er ein „ganzes Tablett“ vorbereiten würde: Melone, Erdbeeren, Bananen, Äpfel oder doch lieber ein Stück Apfelsine? Der Läufer ist nach x Rennstunden leer im Kopf und kann/will nicht mehr entscheiden! In der geschilderten Situation kann es sein, dass er stehenbleibt und einen Abzählreim probiert, irgendetwas nimmt oder weiterläuft ohne zu essen, weil er sich nicht entscheiden kann! In diesem Fall sollte der Be­treuer eine Auswahl treffen! Möglicherweise will der Läufer gar nichts essen, obwohl es erforderlich wäre. Dann sollte der Betreuer seinem Läufer bei der Entscheidung helfen: „Nimm einmal das, das tut dir be­stimmt gut!“ Auch von der Menge sollte der Betreuer soviel nehmen, wie gegessen und getrunken werden sollte – nicht mehr und nicht weniger! Durch die Auswahl der Menge hat der Betreuer die Macht, „schlechte Lebensmittel“ zu vermeiden! Beispielsweise sagt der Läufer: Nächste Runde hätte ich gerne Schokolade! Der Betreuer weiß, dass das nicht gut ist und bietet dann in nächste Runde genau ein Stück an! Gemein nicht?

Beim Kleidung wechseln sind zwei Aspekte wichtig: Zum einen muss entschieden werden, wann gewech­selt wird. Hier ist der Betreuer im Vorteil: Er merkt als Erster, dass es sich abkühlt. Wenn dem Läufer kalt wird, ist es schon fast zu spät. Der Betreuer sollte vorschlagen, von kurz auf lang zu wechseln, eine Jacke überzuziehen oder ähnliches. Welche Sachen gewechselt, ergänzt oder reduziert werden, sollte im Vorfeld geklärt sein, der Betreuer weiß natürlich auch, wo die Sachen in der Tasche liegen usw. Zum anderen sollte der Betreuer beim Kleiderwechsel helfen. Beim Socken- oder Schuhtausch ist das absolut erforder­lich, bei einem anderen Wechsel kann er innerhalb der Zone Stücke anreichen oder annehmen – Achtung: Nicht außerhalb!

Mit den Zwischenergebnislisten den Wettkampf verfolgen. In einer Betreuergruppe ist es meist möglich, die absolvierten Runden mitzuzählen, bei Einzelbetreuern ist es meist schwierig, eine Strichliste zu führen. Die Runden sollten stündlich mit den Zwischenergebnissen verglichen werden, um die offizielle Runden­zählung zu kontrollieren. Doch Vorsicht ist geboten, wenn Zwischenergebnisse dem Läufer mitgeteilt wer­den. Informationen nach 8 Stunden wie: „du liegst an vierter Stelle in der Altersklassenwertung“ könnten dazu führen, dass der Läufer seine Renntaktik ändert und schneller läuft, als es für ihn gut ist. Eigentlich entscheidet sich das Rennen erst nach 20 Stunden, wenn einige noch laufen, andere nur gehen und wie­derum einige bereits ausgestiegen sind. Daher sind solche Informationen über die aktuelle Platzierung und ein Vergleich mit anderen nur mit Risiken verbunden.

Taktik prüfen und anpassen. Der Betreuer sollte seinen Läufer sehr gut kennen, genau beobachten, ggf. die Rundenzeiten stoppen und mit dem Plan vergleichen. Hier ist natürlich einerseits große Erfahrung an­dererseits Fingerspitzengefühl erforderlich, um dem Läufer zu raten, dass er ein wenig schneller oder lang­samer laufen soll. Auch Informationen zum Laufstil sind manchmal angebracht und hilfreich, wenn der Laufstil sich verschlechtert. Hier gilt, wie in der Diskussion über Renntaktik: Immer das Tempo mit dem Plan vergleichen, niemals die Strecke! Also nicht sagen: „Du bist 3 km hinter dem Plan“, sondern „du läufst im Moment 10 Sekunden pro Runde langsamer als geplant“. Der Betreuer kann kurzfristig nur das Renn­tempo beeinflussen – alles andere hat nur statistischen Wert! Dennoch ist eine anerkennende Information über die Distanz manchmal sehr motivierend: Toll, du hast gleich den dritten Marathon voll und siehst im­mer noch locker aus!

Motivieren und ablenken! Der wichtigste Punkt überhaupt! Irgendwann kommt der Punkt, an dem der Lauf langweilig wird und die Lust schwindet. Dann sollte der Betreuer die gesamte Betreuungszone nutzen, um seinen Läufer zu begleiten und gut zuzureden! Immer wieder gut zureden, Mut machen und helfen. Interessante Varianten sind: Rätsel stellen (wie Dilledöpchen in Berlin 2008): wer wurde dieses Jahr Fuß­ballmeister? Aufgaben stellen: Zähle die Laternen an der Strecke! Mantras auf den Weg geben: Sprech dir diese Runde immer wieder vor: Ich gebe niemals auf! Oder Widmungen auf den Weg gehen: Diese Runde läufst du für deine Oma!

Taktischer Tipp: Wenn der Läufer schwächelt und sitzen oder wenigstens stehen bleiben möchte, ist die Stunde der Betreuer gekommen! Relativ trivial ist, dass gar keine Sitzgelegenheit vorhanden ist, aber trick­reich ist, wenn der Betreuer verhindert, dass der Läufer auch nur stehen bleibt: Am besten direkt abfangen und mit dem Läufer weitergehen – und immer gut „zutexten“. „Auf die Strecke prügeln“ wäre hier allerdings die falsche Maßnahme! Am erfolgreichsten sind übrigens die Teams, die einen freundlichen, gegenseitig anerkennenden und respektierenden Umgangston pflegen. Redewendungen wie „du musst“ sind ebenso unpassend wie lautstarke Aggression – auch wenn sich alle Beteiligten in einer psychischen Grenzsituation befinden und sicher nicht alles so genau auf die Waagschale gelegt werden sollte. Mit Spaß und Freude kommt der Erfolg von alleine. Und im Zweifel werden Läufer wie Betreuer den Wettkampf schöner in Erin­nerung behalten, wenn am Ende 2 km weniger herauskommen, man aber bis zum Ende Spaß hatte. Beim Umgang mit Krisen ist das psychologische Geschick der Betreuer von entscheidender Bedeutung, wie schnell die Krise überwunden wird.

Verletzungen und Rennabbruch: Möglicherweise bekommt der Läufer Probleme: Blasen, Schuhe drü­cken, Kreislauf, Sonnenbrand, auch Stürze kommen vor. In diesen Fällen kann der Betreuer selbst helfen (Blasen) oder Rat einholen oder den Läufer zur Massage oder zu einem Arzt begleiten. Ist ein Rennab­bruch erforderlich, kann es sein, dass der Läufer das nicht wahrhaben will – da muss sich dann der Be­treuer durchsetzen.

Umgang mit Krisen

Sigi (Siegfried Bullig) ergänzte folgendes Thema, für das ich sehr dankbar bin – ich hatte das Thema irgendwie vergessen, halte es aber ebenfalls für extrem wichtig und zitiere hier seinen Text:

Was mir fehlt, ist der eindeutige Hinweis, dass man mit der schönsten Taktik, den besten Planungen, dem ausgefeiltesten Training etc.p.p. eines nicht verhindern kann: den Punkt, an dem man (als "Anfänger", der auf Leistung unterwegs ist) unweigerlich eine Krise bekommt.

Diese Krise ist der rennentscheidende Moment!

Wer sie nicht erwartet und akzeptiert, verliert bei allen noch so akribisch geplanten Renneinteilungen unweigerlich sein Konzept. Mir fehlt der Hinweis, dass es unerlässlich ist, diese Krise zu bekommen. Man muss nicht die ganze Zeit ängstlich darauf warten - das ist ja klar, da steht man sich dann selbst im Weg - aber man muss sie freudig begrüßen, wenn sie da ist, und --- einfach weitermachen. Weil - man kann sowieso nix dran ändern! 

Alle Pläne, Taktiken usw. sind wertlos, wenn man nicht weiß, was man im Moment der Krise mit sich anfangen will. Nun wäre es sicher gut, wenn ich hier ein paar Empfehlungen aussprechen könnte. Kann und will ich aber nicht. Warum? Weil jeder seine Krise anders erlebt und daher anders darauf reagieren muss. Eines gilt auf jeden Fall: wer anfängt, in der Krise seine Vorbereitung oder Planung fürs Rennen zu hinterfragen, der hat schon verloren.

Die Krise gehört dazu!!!!!!

Beim einen etwas früher, beim anderen etwas später. Die eine empfindet sie besonders heftig, die andere merkt nur, dass im Moment das Tempo nicht mehr zu halten ist. Für alle aber gilt: weitermachen! Besonders gut finde ich da bei Michael den Punkt Belohnung. Tut euch genau dann etwas Gutes. Etwas, das die Stimmung hebt, die Moral festigt. Egal, was es ist. Der eine trinkt ein Schlückchen Bier, der andere eine Brühe oder Tee, Frische, warme Kleidung in der Nacht könnte so eine Belohnung sein oder andere Schuhe, ein Küsschen von der Frau/Freundin, dem Mann/Freund, oder sonstwas Verrücktes - egal :-) Nach der Belohnung muss aber unbedingt die Orientierung auf den Rest des Rennens erfolgen und hier können die Betreuer ganz wichtig werden. Ich bin sicher in Stadtoldendorf wird es einen guten Mix an Betreuern geben, die euch "Anfänger" mit unter die Fittiche nehmen und euch mental zur Seite stehen. Lasst euch darauf ein, dass ihr in der Krise Hilfe bekommt, und es wird schon werden.

Sigi, als Ausrichter und Beobachter mehrerer 6-Tageläufe, weiß sehr genau, was es heißt, erfolgreich „Krisen zu überwinden“ und beschreibt dies sehr verständlich. Einer meiner Lieblingssprüche ist: „Die ersten 100km sind geschenkt – erst dann geht der Wettkampf los!“, d.h. erst dann kommen die „Krisen“, dabei würde ich „Krise“ als „Planabweichung“ definieren. Auch wenn jemand sich super fühlt und in den ersten beiden Stunden 30 Sekunden je km zu schnell läuft, befindet sich der Läufer in einer Krise und sollte von seinen Betreuern gestoppt werden! Die „Jetzt-Geht-Es-Endlich-Los“-Euphorie mindert das Gefühl für Körper und Tempo und führt den Läufer ins Verderben!

Die meisten Krisen kommen allerdings erst viel später und haben mit Verletzungen, Magen- und Kreislaufproblemen zu tun oder sind mentaler Art. Vielleicht erstelle ich einmal „Läufer-Notfall-Pläne“, die die Fragen in einer Form „was mache ich, wenn … passiert“ beantwortet. Gut ist, wenn man auf ein paar Standardkrisen vorbereitet ist oder erfahrene Betreuer, Physiotherapeuten hat, die man im Zweifel um Rat fragen kann. Auf jeden Fall sind in solchen Situationen die Helfer besonders gefragt, denn jede körperliche Krise geht mit einer mentalen einher: „Ich habe eine Blase, ich fürchte ich muss den Lauf abbrechen!“ sind die Gedanken eines Läufers bei einer harmlosen Blase. Der Betreuer muss nun zunächst Souveränität und Sicherheit ausstrahlen, beispielsweise die Situation positiv sehen: „Setz dich erst einmal hin und ruh dich aus. Ich schaue mir das einmal an“, dann die Blase behandeln (aufstechen, desinfizieren, verkleben) und dann den Läufer wieder zum Anlaufen bewegen, dabei ruhig ein paar Meter begleiten. In einem solchen Fall (nach Behandlung und Pause) ist es immer ratsam, erst einmal 500 Meter zu gehen und dann langsam versuchen, wieder anzulaufen. Je später die Pause im Rennen ist, desto schwieriger wird es, wieder anzulaufen und das Renntempo wieder zu finden.

Völlig falsch wären Äußerungen wie:

  • Oje, das sieht ja schlimm aus!
  • Ja, was machen wir denn jetzt?
  • Tut das nicht höllisch weh?

Eigentlich klar, also: Dem Sportler immer Mut machen und gut zureden – es geht immer weiter. 24 Stunden sind nur 1 Tag und gehen schneller vorbei, als man denkt!

Schlussworte

Nun kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen! Viel Erfolg und gutes Gelingen!

Den vierten Teil „Regeneration nach Stadtoldendorf“ wird es zunächst nicht geben. Das Thema wird im Trainingslager behandelt und wahrscheinlich irgendwann nachgeliefert. Die Regeneration beginnt mit dem Schlusssignal und dauert etwa drei Wochen! Hier gibt es sehr viel zu beachten, wie man schnell wieder zu Kräften kommt und sich effizient erholt. Eine Warnung soll allerdings gegeben werden: Für Läufer wie Betreuer ist die Rückfahrt nach so einem Lauf eventuell sehr gefährlich! Aufgrund von Konzentrationsmängel, plötzlich auftretende Krämpfe und allgemeine Müdigkeit sollte man vielleicht noch eine Nacht am Wettkampfort einplanen. Den Tag danach Urlaub zu nehmen ist auf jeden Fall sinnvoll, denn bis so ein Wettkampf körperlich und geistig verarbeitet ist, vergeht eine gewisse Zeit!

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